Fischernte am Hammerteich 2010 (16. 10. 2010)
Im 35 Hektar großen Hammerteich hat am frühen Freitagmorgen das alljährliche Abfischen begonnen. Erstmalig befinden sich unter den zahlreichen Helfern auch schwer vermittelbare Jugendliche.
Wir rechnen mit einer guten Ernte«, sagt Martin Keil, Chef der Teichwirtschaft. Wenn alles nach Plan verläuft, werden er und seine Helfer nahezu 20 Tonnen Fisch aus dem Hammerteich holen - darunter Karpfen, Schleien und Hechte. Das Abfischen des Teiches ist ein alljährliches Spektakel, zu dem sich regelmäßig Dutzende Helfer und Hunderte Schaulustige versammeln. »Bis auf ein paar Unterbrechungen wird dieses Ritual nun schon seit 1620 durchgeführt«, erklärt Keil. So lange gibt es den Teich nämlich schon.
Erst wird aus dem 35 Hektar großen Gewässer das Wasser abgelassen. Im Restwasser sammeln sich dann die Tiere, die von den Helfern mit einer Art Schleppnetz zusammengetrieben werden. Wenig später wird der Fang auf ein Förderband geschüttet. Dort werden die Satzfische aussortiert und in Überwinterungsteiche gebracht.
»Mit der Ernte sind wir zwei Tage beschäftigt«, sagt Keil. »Wenn wir 20 Tonnen Fisch aus dem Teich holen, können wir den Schnitt der Vorjahre halten.« Dass er schon vorher weiß, wie viel er dieses Jahr ernten wird, hat einen einfachen Grund. Keil: »Wir füttern die Fische mit Getreide. Die Hälfte des Futtergewichts nehme ich als Größe.« Wenn 40 Tonnen verfüttert werden, kann Keil ungefähr mit 20 Tonnen Fischertrag rechnen.
Unter den Schaulustigen am Freitagmorgen befand sich auch eine Gruppe schwer vermittelbarer Jugendlicher. Die jungen Leute waren gekommen, um Martin zu besuchen. Der 17-Jährige absolviert gerade ein Praktikum in der Teichwirtschaft und ist wie seine Besucher Teil des Gemeinnützigen Berufsbildungsverein Guben (GBV). »Wir betreuen Jugendliche mit geistiger und körperlicher Behinderung«, sagte Betreuerin Silvia Voigt, die gemeinsam mit den jungen Leuten angereist war. Der Gubener Verein war der erste seiner Art in Südbrandenburg und vermittelt schwer vemittelbare Jugendliche seit Juni 2009.
Der 17-Jährige Martin ist seit Ende August in der Teichwirtschaft beschäftigt. Er war über ein Praktikum an den Fischereibetrieb vermittelt worden. Der Junge hat Lernschwierigkeiten und ist geistig behindert. Auf dem normalen Arbeitsmarkt hätte er wahrscheinlich keine Chance.
In der Regel dauert so eine Maßnahme wie Martin sie gerade absolviert zwei Jahre. Innerhalb dieser Zeit soll ausgelotet werden, ob der Jugendliche vermittelbar ist und im besten Fall übernommen werden kann oder nicht.
»Solche Maßnahmen sind eine gute Chance für Jugendliche, erst einmal Fuß zu fassen«, sagte Keil von der Teichwirtschaft.
»Das ist total spannend. Ich angle auch gern«, sagte Sebastian. Der 25-jährige Cottbuser konnte von Voigt vermittelt werden. Er arbeitet momentan als Hausmeister in einem Ärztehaus. Und das offenbar sehr erfolgreich. »Sebastian ist einer von drei Jugendlichen aus der Gruppe, die wahrscheinlich übernommen werden«, berichtete Voigt.
Ob auch Martin zu den drei Jugendlichen gehört, konnte Voigt nicht beantworten. Der 17-Jährige ist introvertiert. Er redet kaum. Am Freitag sah man das dem Jungen allerdings nicht an. Unter all den Helfern wirkte er wie ein ganz normaler Jugendlicher seines Alters.
Von Alexander Dinger, erschienen in der Lausitzer Rundschau am 16.10.2010
Fotos aufgenommen von Carsten Hoffmann
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